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Wo der „Steiner Peter“ auf seiner Harfe spielt

Scheffau ist das erste Kneipp für mich® Erlebnisdorf Tirols

Von Carola Faber
Warum nicht mal das Büfett im Hotel auslassen und auf einer Alm frühstücken? Klar, es kostet Überwindung, mit knurrendem Magen die Wanderschuhe zu schnüren und erst einmal einige Höhenmeter zu überwinden. Langsam steigt der Nebel aus den taunassen Wiesen, um sich bald darauf von den Sonnenstrahlen auflösen zu lassen.

Blumen öffnen ihre Kelche, Bienen, Schmetterlinge und Libellen starten ihren Tanz um die Blüten. In der Ferne ist das Bimmeln von Kuhglocken zu hören. Nach ungefähr 45 Minuten Gehzeit aus dem Ortszentrum Scheffau ist die Hinterschiesslinger Alm am Fuße des Wilden Kaisers erreicht. Idyllisch schmiegt sie sich an die Südseite des mächtigen Gebirges. Ein frischer Wiesenblumenstrauß steht auf dem rustikalen Holztisch. Selbstgemachte Butter, Marmelade, Schinken, Kräuterquark, Käse und Brot stammen ebenfalls vom eigenen Hof. Jeder anstrengende Augenblick ist längst vergessen. Wer dort in der Sonne sitzt und die eindrucksvolle Bergkulisse erblickt, bereut keinen einzigen nüchtern zurückgelegten Höhenmeter mehr. „Das Bergfrühstück gehört zu unserem Konzept.

Es bedeutet regionale und biologische Produkte gemeinsam in besonderem Ambiente zu genießen. Kredenzt wird viel Selbstgemachtes vom frischen Bauernbrot und Käseaufstrich mit alpinen Kräutern bis zur handeingekochten Marillenmarmelade“, erklärt Georg Bauer vom Tourismusverband Wilder Kaiser und Initiator des ersten Kneipp für mich® Erlebnisdorf Tirols. Scheffau steht ganz im Zeichen von Kneipp: Von der Pension über Bauern- und Gasthöfe bis hin zum 4-Sterne Hotel verschreibt sich das gesamte Dorf vollinhaltlich der Gesundheitsphilosophie von Pfarrer Sebastian Kneipp. „Unser Ziel ist es, Einheimischen und Gästen eine Möglichkeit zu bieten, das Gesundheitsbewusstsein nachhaltig zu ändern“, sagt Georg Bauer. So habe die Gemeinde auf der Suche nach den besonderen Momenten, die das Leben zum Genuss machen in Kneipp für mich® – eine Welt voller innerer Ruhe und Wohlbefinden, Aktivität, Gemeinsamkeit und Entspannung gefunden. Es ist eine Kombination aus der ganzheitlichen Lehre von Sebastian Kneipp und den modernen Ansprüchen an Beauty und Fitness, Wellness und Gesundheit. Alle Sinne werden angesprochen und lassen den Urlaub zur einer Wohlfühlreise für Körper, Geist und Seele werden“, so Bauer. Schon im Kindergarten und in der Grundschule wird die Kneippsche Lehre vermittelt. Sebastian Kneipp hat fünf Säulen entwickelt, die symbolisch am Ortseingang von Scheffau  als bunte Holzstelen mit Erklärungen dargestellt sind. Die Hydrotherapie regt den Kreislauf an und steigert die natürlichen Selbstheilungskräfte des Körpers durch feindosierbare Behandlung mit warmem und kaltem Wasser. Die Phytotherapie ist die Behandlung mit Heilpflanzen in Form von Pflanzenextrakten in weitestgehend naturbelassener Form.

Zur Bewegungstherapie gehören verschiedenste Bewegungsarten als sanftes und umfassendes Ausdauer- und Koordinationstraining, das möglichst in freier Natur ausgeübt werden sollte. Eine abwechslungsreiche und gesunde Ernährung ergänzt den ganzheitlichen Aspekt. Es geht dabei nicht um strenge Diäten, sondern um den bewussten Genuss von ausgewogenen, vitalstoffreichen und möglichst fettarmen und naturbelassenen Mahlzeiten. Schließlich steht bei der Ordnungstherapie die Balance als oberstes Prinzip über den Elementen und vereint sie zu einem sinnvollen ganzheitlichen Konzept. „Die Ordnungstherapie betrachtet den Menschen als Ganzes mit speziellem Focus auf eine gesundheitsorientierte Lebensgestaltung und den psychischen Zustand des Menschen – ein Leben im Gleichgewicht von Körper, Geist und Seele“, ergänzt Georg Bauer. Sieben Stationen gehören zu dem besonderen Rundgang in Scheffau. Vor allem auf dem Meditationsplatz findet man die nötige Ruhe, ehe man im Adler-Labyrinth aus Rindenmulch mittels eines Schlussrituals allen unnötigen Ballast ablegt und befreiter in den Alltag zurückkehren kann. Zwei ausgebildete Kneipp®-Gesundheitstrainer bieten den Gästen ein abwechslungsreiches Programm an. Es reicht von der Benutzung der ortseigenen Kneipp-Anlage über Kräuterwanderung bis zur geführten Bergtour.

Wenn Wanderführer Chris seine Schützlinge auf den Berg führt dauert es nicht lange, bis Kinder, Jugendliche und Erwachsene ein neues Bewusstsein entwickeln. Nach kurzer Zeit nehmen die Wanderer ganz genau jedes Tier, jede Pflanze und jedes Geräusch wahr. „Bleibt einfach mal einen Augenblick stehen und lauscht. Was genau könnt ihr jetzt hören?“, fragt der erfahrene Kneippianer. Es sind nicht nur die Harmonien der Natur. Es ist Musik. Ganz leise schwebt der Klang einer Harfe über die bunten Almwiesen. Und Gesang. Mit etwas Glück können die Gäste in Scheffau Zeugen eines außerordentlichen Augenblicks werden. Peter Horngacher, genannt der "Steiner Peter", lebt von Mai bis Oktober auf seiner Hochalm. Ist die Stimmung gut, holt der Wirt seine Harfe heraus. Solo oder im Duett mit seiner Frau Maria folgt dann traditionelles Liedgut. Für diese Augenblicke steht der Almbetrieb ganz still. Es findet auch keine Bewirtung statt. Das macht nichts, die Musik ist viel mehr Wert.