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Die Schönheit Norwegens

Unterwegs auf dem Telemarkkanal

Von Karin Katzenberger-Ruf
Eine junge Frau dreht wie wild an der Kurbel, um das Schleusentor zu öffnen. Wir sind unterwegs auf dem über 150 Jahre alten Telemarkkanal im Süden von Norwegen – und da geht vieles noch in Handarbeit. Der Kanal zwischen der Provinzhauptstadt Skien und Dalen ist 105 Kilometer lang und überwindet mit 18 Schleusen einen Höhenunterschied von etwa 72 Metern. Jene in Vrangfoss ist mit fünf Kammern die spektakulärste. Da geht es 23 Meter flussab- oder flussaufwärts.

Vor dem Kanalbau erschwerte ein Wasserfall das Flößen von Baumstämmen, das auf der Teilstrecke noch bis 2006 praktiziert wurde. „Vrang“ heißt schließlich auch „schwierig“. Jedenfalls sollen sich die Stämme an der Stelle früher schwer miteinander verkeilt haben. Der Kanal verbindet mehrere zum Teil aufgestaute Seen miteinander. Der ältere Teil zwischen Skien und Norsjo wurde bereits im Jahr 1861 eingeweiht, der Abschnitt von dort bis Banjak entstand in den Jahren 1887 bis 1892. Vom Telemarkkanal ist erst seit etwa zwei Jahrzehnten die Rede. Das hat auch mit dem Tourismus zu tun. Schließlich ist die Provinz Telemark ein beliebtes Urlaubsziel. Von dort stammt auch der „Telemark-Stil“ als besondere Technik des Skifahrens. Wer Probleme mit den Knieen hat, sollte diese allerdings nicht selbst ausprobieren.

Sommer in Norwegen: Das kann ein skandinavischer Traum sein. Die Saison 2011 fiel allerdings buchstäblich ins Wasser. Das Wetter wollte einfach nicht mitspielen. Unsere Tour im September ist genauso wenig von der Sonne verwöhnt. Ein Hurrikan an der Westküste der USA hat einen Tiefausläufer über den großen Teich geschickt. Die Schifffahrt auf dem Telemark-Kanal, zumal auf dem Dampfschiff Victoria, Baujahr 1882, ist dennoch ein Erlebnis. Wir gehen in Kviteseid an Bord. Da ist der Himmel aus genannten Gründen bereits wolkenverhangen. Später wird es noch richtig schütten und die herrliche Landschaft rechts und links des Sees und des Kanals lässt sich teilweise leider nur erahnen. Doch das Publikum zeigt sich „wetterfest“ und geht eben mit dem Regenschirm an Deck, um zu beobachten, was an den Schleusen so vor sich geht. Da fasziniert immer wieder besagte Handarbeit, ohne die das System nicht funktioniert. In Vrangfoss dauert die Schleuserei gut eine Stunde – und die „Victoria“ passt gerade so in den Kanal. Am Ufer verlaufen Radwege. Also ließe sich die Gegend prima mit Drahtesel und Ausflugsschiff in Kombination erkunden.

Die Region Telemark reicht vom Hochgebirge bis zur Schärenküste. Höchster Berg ist der 1883 Meter hohe kegelförmige Gaustatoppen. Bei schönem Wetter samt guter Fernsicht überblickt man von dort oben ein Sechstel der Gesamtfläche von Nordwegen. Und was ist, wenn der Gipfel in Wolken gehüllt ist? Dann ist die Auffahrt mit der Gaustabahn an sich schon ein besonderes Erlebnis. Sie wurde in den Jahren 1954 bis 1959 zu militärischen Zwecken in den Fels getrieben, weil der Berg als Radar- und Funkstation diente. Erst seit dem Jahr 2004 ist die Bahn von Juni bis Oktober für den Publikumsverkehr geöffnet. Mit Waggons geht es zunächst ins Berginnere, dann mit der Standseilbahn und knapp 40 Prozent Steigung Richtung Gipfel. Weltweit gibt es keine vergleichbare Konstruktion. Der Berg ist auch beliebtes Skigebiet. Als Quartier in der Nähe empfiehlt sich das Hotel „Gaustablikk“. Auf den Gaustatoppen wandern? Das geht ebenfalls. Etwa von der Stadt Rjukan aus. Dort befindet sich das norwegische Industriearbeitermuseum, untergebracht im ehemaligen Wasserkraftwerk Vermok, das im Jahr 1911 entstand. Ursprünglich wurde für die Produktion von Kunstdünger Energie gebraucht. Der Ort entstand im Zuge des Kraftwerksbaus am Rjukanfossen-Wasserfalls.

Es gibt nur einen Nachteil: Den ganzen Winter über trifft ihn kein Sonnenstrahl. Was wiederum Grund für den Bau der Krossobahn war. Bis heute führt sie aus dem Schatten heraus in ein wunderbares Wandergebiet am Rande der Hochebene Hardangervidda mit Blick auf den Gaustatoppen. Kleine Buchten und Inseln? Auch die gibt es in Telemark. Zum Beispiel am Binnensee mit dem Namen „Nisser“. Vradal und das dortige „Qualitiy Straand Hotel“ ist ein guter Ausgangspunkt für Kanufahrten auf dem See. Mit der Gondelbahn erreicht man das Skicenter auf dem Gipfel des Tverrfjell. Die modern ausgestatteten und doch urgemütlichen Hütten eignen sich bestens für einen Urlaub mit Familie und Freunden. Und dann liegt Telemark eben auch noch an der Küste. Das Städtchen Kragero soll selbst für den norwegischen Maler Edvard Munch eine Inspirationsquelle gewesen sein. Wobei wir an dieser Stelle mal nicht an sein bedeutendstes Werk „Der Schrei“ denken wollen. Steigen wir lieber ins Schnellboot, um an der Schärenküste auf Touren zu kommen. Mit Schutzanzug und -brille geht`s zum „Wellenritt“. Selbst bei leichtem Seegang ist das ein Abenteuer, bei dem man sich an den Haltegriff klammern und leicht in die Knie gehen sollte, um Stöße abzufedern. Schließlich wird die Wasserfläche bei dem Tempo zur Betonpiste. Langsam ist irgendwie schöner. Nur so lässt sich Schönheit der Schärenküste wirklich genießen. Jetzt, wo nach regnerischen Tagen endlich mal wieder Sonne rauskommt.

Allgemeine Informationen:
www.visitnorway.com , Postadresse: ABC-Strasse 19, 20354 Hamburg, Telefon 040/ 22941518.
Unterkunft: Hotel Gaustablikk, www.gautablikk.no und www visitrjukan.com. Qualitiy Straand Hotel in Vradal, www.straand.no
 
Ausflüge: Auf dem Telemarkkanal: www-telemarkskanalen.no.
Auf den Gaustatoppen: www.gaustabanen.no
Mit der Krossobahn von Rjukan aus: www.krossobanen.no
An der Schärenküste ab Hotel in Kragero: www.kragerosportell.no