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Puppen und mehr

In Rothenburg gibt es viel zu entdecken

Von Karin Katzenberger-Ruf

Zum 50. Geburtstag bekam Katharina Engels das Lustschlösschen der Madame Pompadour in Versailles geschenkt. Es hat zwar nur „Puppenstuben-Format“, aber ihr Ehemann hat es selbst geschreinert. Nun steht es im Puppen- und Spielzeugmuseum in Rothenburg, das die Rentnerin im Jahr 1984 eröffnete.

Das Museum ist weltweit fast genauso bekannt wie das romantische Städtchen an der Tauber, sein Standort aber gefährdet. Dazu später mehr.

Rothenburg? Da denken wir zuallererst an japanische oder amerikanische Reisegruppen, die dort bei ihrem Kurztrip durch Europa Station machen. Das ist so, aber kein Grund, diesen Ort nicht auch mal als Einheimische zu besuchen. Zum Beispiel der Weihnachtsmarkt rund um das historische Rathaus ist mit um die 40 Ständen relativ übersichtlich. Doch seit vier Jahrzehnten schenkt der Winzer Karl Thürauf seinen Glühwein aus. Es ist Silvaner, mit 40 Gramm Zucker pro Literflasche nur leicht gesüßt und sehr bekömmlich. Das finden auch Manfred und Gerlinde Münch aus Mannheim, die im Rentenalter beziehungsweise vor zwei Jahren nach Rothenburg umgezogen sind. Das Tauber-Städtchen war sie schon immer ein beliebtes Ausflugsziel, die mehrmals im Jahr. Dagegen haben Dieter und Ingrid Heinzmann aus Darmstadt Rothenburg erst in diesem Sommer für sich entdeckt. Aber sie wissen schon ganz gut Bescheid. „Ich hab gehört, ich müsse unbedingt mal von dem weißen Glühwein probieren“ sagt der Herr und bestellt zwei Tassen. Ihm und seiner Frau schmeckt`s vorzüglich. Die beiden sind bereit, noch mehr von Rothenburg zu entdecken und dankbar für den Tipp, doch mal beim Puppen- und Spielzeugmuseum vorbeizuschauen. In der Altstadt sind mehrere Museen leicht zu Fuß erreichbar. So auch das im Jahr 2000 eröffnete „Weihnachtsmuseum“ des Unternehmens Kähte Wohlfahrt. Dort ist das ganze Jahr über Weihnachten und im Ende der 70er Jahre eröffneten „Christkindl-Dorf“ im fränkischen Stil ebenfalls. Nur kommt von Frühjahr bis Herbst keine Weihnachtsmusik aus der Konserve. Die Vielfalt der Exponate hinter den Vitrinen erschließt sich am besten bei einer Führung.

Demnach war beispielsweise die „Christbaumspitze“ früher viel aufwändiger als heute und mit einem mechanischem Klingelspiel verbunden. Der Begriff „Historismus-Kugeln“ ist in einer der Schaukästen zu lesen, das waren welche, die mit vergoldetem oder versilbertem Kupferdraht verziert waren und bim Kerzenschein ihre volle Leuchtkraft entwickelten. Im 19. Jahrhundert, als die Möbel noch groß und schwer waren, setzten solche Kugeln die richtigen Akzente, als Jugendstil-Weihnachtsdekoration waren sie genauso beliebt. Und was hat es mit dem „Gablonzer Glasschmuck“ au sich? Der bestand aus feinen Perlen und Stiften, die - zu Figuren verarbeitet - um die Wette glitzerten. Weihnachtliche Postkarten kamen um 1860 in Mode und bestanden nicht selten aus geprägter Seide. Hoffentlich sind nicht allzu viele auf dem damals noch beschwerlichen „Postweg“ verloren gegangen... Papier-Faltkrippen sind im Weihnachtsmuseum ebenfalls ein Thema. Die sollen höfischen Ursprungs sein, wurden später aber ebenfalls gern versandt. Dann allerdings im Umschlag. Der Empfänger dürfte seine Freude an der „Entfaltung“ gehabt haben...  In Rothenburg haben die Museen montags übrigens keinen Ruhetag. Ein „Hingucker“ ist derzeit auch die Sonderausstellung im Reichstadtmuseum im ehemaligen Kloster, die noch bis zum 10. Januar 2012 zu sehen ist. Da geht es unter Anderem um Formen aus „Obstholz“, wie sie früher geschnitzt wurden, um Marzipan eine Gestalt zu verleihen oder um darin Lebkuchen zu backen. Auch „Springerle“ (auch „Eierzucker“ genannt) wären ohne Model nicht gelungen.

Der Begriff „Model“ leitet sich für „Modulus“ als „Maß“ ab. Schon im Alten Ägypten sollen die Förmchen eine Rolle gespielt haben und bei uns ab dem 16. Jahrhundert. So setzte man auch „Buchstaben-Model“ gern als Orakel ein und verschenkte die „Plätzchen“ (die auch gern aus Gips bestehen konnten) gern zu Weihnachten oder Neujahr. Über 50 Meter hoch und nur über 220 Stufen zu erreichen: Das sind die technischen Daten des Rathaus-Turms von Rothenburg, den es zu erklimmen lohnt. Von dort hat man bei schönem Wetter den ungetrübten Blick über die Stadt und die Umgebung. Aufgepasst: Am Ende des Aufstiegs geht`s über eine „Hühnerleiter“ steil nach oben. Doch 99 Prozent der Gäste schaffen auch den letzten Anstieg, wie der Turmwächter weiß. Das Rathaus selbst präsentiert sich zweigeteilt in einem Stilgemisch aus gotisch und barock. Zur vollen Stunde empfiehlt es sich, vor der Uhr über der „Ratstrinkstube“ zu Platzieren. Da gehen nämlich rechts und links die Fensterläden auf und zwei Figuren rechts und links erinnern an den „Meistertrunk“ von Rothenburg. Damit soll der damalige Bürgermeister die Stadt während des 30-Jährigen Krieges im Jahr 1631 vor der Vernichtung durch die Truppen des Generals Tilly bewahrt haben. Angeblich ging er die Wette ein, dreizehn Humpen Wein (das sind über drei Liter) in einem Zug zu leeren und gewonnen haben. Die „Reichstadt“ (wie sie sich ab Anfang des 13. Jahrhunderts und bis zum Jahr 1813 nennen durfte)blieb jedenfalls weitgehend unversehrt und wurde schon um 1900 zu Inbegriff der Romantik. Selbst die Spuren, die ein Fliegerangriff während des Zweiten Weltkriegs hinterließ, waren schnell beseitigt. Damit nochmals zu Katharina Engels und ihrem Puppen- und Spielzeugmuseum: Dort sind wirklich außergewöhnliche Raritäten zu bewundern. Hinter allen steckt eine Gesichte. So auch hinter der „Elektro-Tunnel-Bahn“ aus Berlin, die sie nicht dort, aber später von einer Sammlerin für richtig viel Geld gekauft hat. Schon im Alter von 21 Jahren beschloss sie, altes Spielzeug zu vor dem Verfall zu retten. Damals wollte ihr angehender Schwiegervater eine ausgediente Puppe quasi ins Feuer werfen. Katharina Engels hat sie gerettet. Ihr Museum ist äußerst liebevoll gestaltet. Nur kann sie momentan dafür kaum noch die Miete zahlen und bräuchte dringend mehr Publikum, um es am Standort Rothenburg zu retten.

Infos:

Allgemeine Informationen: Beim Rothenburg Tourismus Service, Marktplatz 2, 91541 Rothenburg, Telefon:09861/404800, E-Mail: info@rothenburg.de, Homepage: www.rothenburg.de.

Anreise: Von Heidelberg ist Rothenburg etwa 170 Kilometer entfernt, über die A6 und die A7 zur erreichen, ab Neuenstein kann man auch die Landstraße Richtung Kupferzell, das dauert eine gut eine halbe Stunde länger als auf der Autobahn, ist landschaftlich aber reizvoll. Die Anreise mit der Bahn ist kompliziert, aber machbar und kostet in Kombination mit einem VRN-24-Ticket und einem Bayern-Ticket etwa 37 Euro, für bis zu fünf Personen ist das unwesentlich teurer. Für Hin- und Rückreise über Würzburg muss man allerdings etwa acht Stunden einkalkulieren. Also am besten gleich in Rothenburg übernachten...

Übernachten: Im Weingut und Hotel „Glocke“ der Familie Thürauf (die auf dem Weihnachtsmarkt mit dem weißen Glühwein präsent ist) ist das Einzelzimmer ab  62 und das Doppelzimmer ab 75 Euro buchbar (www.glocke-rothenburg.de) Zwischen Vier-Sternhotel und einfacher Pension oder Ferienwohnungen bietet Rothenburg auch „zentral“ reichlich Übernachtungsmöglichkeiten. Die 65-Quadratmeter-Ferienwohnung gibt`s ab 45 Euro. Zum Beispiel am „Klingentor“ (www.fewo-rothenburg.e)

Essen und Trinken: Im besagten „Glocke“ (Plönlein 1)bietet das „Wirtshaus in Franken“ bodenständige Küche, ein richtig nettes Eck ist auch die „Altfränkische Weinstube“ (Klosterhof 7). Die Grießklösschensuppe kostet dort 3,50 Euro, Näheres unter www.altfraenkische-weintube-rothenburg.de

Museen: Puppen- und Spielzeugmuseum von Katharina Engels, Hofbronnengasse 11-13 (www.spielzeungmuseum-rothenburg de), Weihnachtsmuseum Käthe Wohlfahrt, Herrngasse 1 (www.weihnachtsmuseum.de), Reichsstadtmuseum, Klosterhof 5 (www.reichsstadtumeum@rothenburg.de)

 Sonstiges: Auch die „Nachtwächterführung“ Rothenburg ist ein besonderes Ereignis und über den Tourismus-Service buchbar.